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🕑 3:34 Min. | Von Stefan Ernst | Zum Produkt

Anders als vielfach angenommen bieten wir unser – allgemein seiner physischen Präsenz und piktogrammhaften Erscheinung wegen goutiertes – Kabeltelefon mit Wählscheibe nicht etwa an, weil es so schön altertümlich daherkommt und als dinggewordene Jeremiade auf einen vermeintlich oder tatsächlich zu konstatierenden, durch die mobile Telefoniererei beschleunigten Verfall der Kommunikationskultur zu taugen scheint.

Denn wie im richtigen Leben gibt es auch in der Welt der (Tele-)Kommunikation mehrere koexistierende Wahrheiten, deren eine wir schon immer mal erzählt haben wollten; hier nun also, in drei Teilen, ein Plädoyer für das W 48:

  1. Es ist kabelgebunden, also ein stationäres Telefon, das man a) im Gegensatz zum schnurlosen, das überall sein kann und für dessen Auffinden man je nach Geduldsfadenlänge des*der Anrufenden drei bis zehn Klingelzyklen Zeit hat (was in einem mehretagigen Haus eine sensorische wie sportliche Herausforderung darstellen kann), in der Regel im Schritttempo erreicht, weil man immer weiß, wo es ist. Auch wenn b) man jemanden anrufen möchte, ist das (zumindest in einem Mehrpersonenhaushalt) von klarem Vorteil, weil nicht mit dem Mobiltelefon der eigene Hausanschluss angerufen werden muss, um erlauschen zu können, wo denn wohl der schnurlose Apparat sich gerade aufhält (den hat selbstredend niemand aus der Station genommen und dann irgendwo liegen lassen, ich war’s jedenfalls nicht). Sie werden einwenden, dass es doch eine Taste respektive Tastenkombination gibt, mit der man den Hörer zum Lautgeben bewegen kann. Das ist so, wir kennen aber niemanden, der die kennt. Manchmal erlauscht man aber so oder so gar nichts. Dann ist der Akku leer. Das passiert c) mit dem W 48 nicht, weil es keinen hat und unter Permanentstrom steht (zumindest in dieser Hinsicht ein sehr modernes Gerät).

  2. Es trägt zur Entwirrung der täglichen Obliegenheiten bei, zu denen das Telefonieren ja gehört, indem es seinen Benutzer*innen zumindest temporär nicht die Fähigkeit zum heute sogenannten Multi-Tasking (scherzhaft: Mutti-Tasking) abverlangt, sondern sie Telefonate ohne Pfanne, Axt oder Bügeleisen in der Hand führen und die volle Aufmerksamkeit auf das Gespräch lenken lässt, was sich auf das Gesprächsverhalten (und übrigens auch dessen Länge) regelmäßig positiv auswirkt. (Für ausführliche Gespräche mit dem angebundenen Telefon gab und gibt es übrigens ein Spezialmöbel, eine Sitz-Ablage-Kombination, die in den USA ahnungsvoll „gossip bench“, zu Deutsch etwa „Tratschbank“, genannt wird).

  3. Es ist haushalts-, nicht personengebunden und insofern kommunikationsförderlich, wenn nicht gemeinschaftsstiftend. Es verbindet nämlich diejenigen, die dort anrufen, nicht zwingend mit der Person, die sie sprechen möchten, sondern mit deren Mutter, Sohn, Butler, Schwester, Vater, Handwerker, Bruder, Tochter, Freund, Oma, Zugehfrau, Besuch aus Übersee etc., mit der/dem man dann je nach Bekanntheitsverhältnis mehr oder weniger Worte wechselt. Und für den Fall, dass man sich nicht kennt, ist die mitunter notwendige Rückfrage „Wer bist du?“ unbedingt als erfrischender Kontrast zu der den Stationärtelefonierer*innen sowieso bizarr anmutenden Mobilfunk-Standardfloskel „Wo bist du?“ zu werten.

Produkt im Fokus

Telefon W 48

Neuauflage des Originals aus den 1950er Jahren · Schön tönend: mit altem Klingelton · Für Internettelefonie: separat erhältlicher digitaler Konverter

CHF 529.00